Offensichtlich bin ich nicht allein mit diesem Wunsch. Nach jeder Umfrage, wenn es um Stadterneuerungsprojekte oder irgendeine neue Gestaltung in unserer Stadt geht, lese ich in Zeitungsberichten den Wunsch nach „mehr Grün“, aber immer wieder auch den Wunsch nach mehr Sitzbänken oder Sitzgelegenheiten.

Ich beobachte immer wieder wie vorhandene Sitzmöglichkeiten von Plätzen, Parks bzw. Alleen verschwinden. Ich sehe hier dringenden Handlungsbedarf und setzte mich deswegen für mehr öffentliche Sitzmöglichkeiten ein! Denn wenn nichts dagegen getan wird, bleiben uns als Fußgänger*innen nur mehr die wenigen Sitzplätze bei Autobus- und Straßenbahnhaltestellen oder gar nur manche Baumschutz-Bügel, wo wir uns anlehnen können. 

Als ich zu den Mobility Scouts kam, hörte ich von einer Initiative in Wien, namens „Geht-Doch.Wien“ bei der man eine für eine Petition Unterschriften sammeln kann, die dann gebündelt weitergeleitet werden. Als ich meine Familie, Freunde und Bekannte bat, diese Listen zu unterschreiben, erzählten alle ohne Ausnahme Geschichten, wie auch sie den Mangel an konsumfreien Sitzgelegenheiten bemerkten, sei es beim Begleiten von älteren Mitmenschen, oder als selbst Betroffene, weil sie schon älter sind oder nach einer Verletzung oder anderen Leiden. 

Die Petition der Initiative „Geht-Doch.Wien“ – die Initiative für Zufußgehende und Aktionen im und für den Öffentlichen Raum – die Listen gibt es hier zum Downloaden, ausdrucken und ausfüllen.

So fing das Projekt bei Mobility Scouts an. Nach dem erfolgreichen Beispiel „Take a Seat“ („Nimm Platz“) in mehreren englischen Städten, haben wir die Wiener Wirtschaftskammer kontaktiert. Unsere Gesprächspartner*innen dort meinten, es wäre ein Pilotprojekt wert, um zu sehen, wie ihre Mitglieder diese Idee fanden, die, wenn sie positiv aufgenommen wird, auch leicht zu erweitern wäre. Leider ging es „zurzeit“ nicht, da die Kammer andere Prioritäten habe.

Unser nächster Versuch war die Supermarktkette Spar. Nach einem ersten Treffen im Sommer schien es dem Gebietsvertreter „eine sehr gute Idee für die Kette“, unsere Ideen wurden dem Vorgesetzen weitergeleitet. Bisher warten wir noch auf eine Antwort wie es mit Plänen für konkrete Umsetzungen aussieht. Wir bleiben dran!

Mehrere Bekannte und Verwandte in Wien meinten auch, dass die Wiener Linien mehr Sitzgelegenheiten für Wartende bereitstellen sollten. Besonders ärgerlich seien die neuen U-Bahn-Stationen, die kaum Sitzplätze haben, wobei diese neu gebaut worden sind, aber offensichtlich, ohne an diese Notwendigkeit zu denken. Nachträglich welche einzubauen ist zwar möglich, aber sehr teuer. Hier gibt es also (auch) noch Handlungsbedarf!

Inspirationen aus anderen Ländern

Als ich meine Cousine in Amsterdam besuchte, erzählte ich ihr von meinem Vorhaben. Sie sagte, es wäre in ihrer Stadt ähnlich, aber in vielen Straßen würde man nun Sitzbänke sehen, die nachträglich durch eine Armlehne geteilt worden sind, um die Bequemlichkeit zu erhöhen (ältere Menschen können mit Lehnen besser aufstehen), und gleichzeitig würden diese Lehnen verhindern, dass diese Bänke als “Schlafstellen“ benutzt werden könnten. 

In mehreren Straßen in den Niederlanden (aber auch manchmal in Österreich) sah ich, wie Geschäftsleute ein oder zwei Klappsessel zu Verfügung stellten und diese bei Ladenschluss (oder bei Regen) wieder eingeräumt wurden. Diese ragten zwar etwas vor auf dem Gehsteig oder in der Fußgängerzone, aber nicht zu sehr, und niemand schien gestört zu sein.  

Dann hörte ich von einem Projekt in Kopenhagen, bei dem Schulklassen Sitzplätze für ihre Stadt sponsern und auch bunt anmalen durften. Die Idee war, wartenden älteren Personen vor jeder Schule einen Platz anzubieten. Dieses Projekt uferte aus, und mehrere Geschäfte sponsorten Sitzbänke nahe ihren Lokalen und dies wirkte gleich als Werbung. Die Sponsoren sind zuständig für die Erhaltung der Sitzbank, die sie sponsern. Es gab vier verschiedene Modelle. Öfters wurde ein neu gepflanzter Baum zugleich mit einer Sitzbank gesponsert. Die Verantwortung für die Bewässerung des Baumes wurde auch dem Sponsor übertragen. So eine Bank haben die Mobility Scouts übrigens auch in Ottakring in Wien gesehen!

Ich las immer wieder von anderen Initiativen ähnlicher Art in verschiedenen deutschen Städten und wie danach dieser Stadtteil als lebenswerter beurteilt wurde und es kaum Fälle von Vandalismus gab. Die Befürchtung, dass mehrere Sitzmöglichkeiten dem Geschäft von Cafés und Restaurants schaden oder es beeinträchtigen könnten, erwies sich als falsch. Es gab danach sogar mehr Frequenz als zuvor. Es macht den Stadtteil und Geschäftsstraßen auch sicherer, weil Taschendiebe sich beobachtet fühlen, wenn mehrere Personen auf Sitzplätzen sitzen und die Gegend beobachten. Gesundheitsvorteile kamen auch zu Tage: Ältere Menschen gingen mehr außer Haus und fanden öfter Kontakt mit Nachbarn. Suizide waren dadurch, nimmt man an, danach auch verringert.

Meine nächsten Schritte

Ich möchte als nächsten Schritt dem Kontakt mit den Wiener Linien nachgehen, und hoffe, dass neue U-Bahn Bauprojekte unseren Wunsch bei der Gestaltung der neuen Stationen berücksichtigen wird. Ich lade meine Leser*innen ein, auch die Wiener Linien zu kontaktieren (unter kundendialog@wienerlinien.at) oder zu uns den Mobilitäts-Scouts zu kommen um mit uns gemeinsam unsere Stadt mitzugestalten.  Wir freuen uns immer über Mitgestalter*innen!! Schreiben Sie uns gerne eine eMail: info@mobilitäts-scouts.at