Straßenzüge mit einladendem Mobiliar, färbige Muster die Betonflächen zieren, Gelegenheiten zum Sitzen, Spielen und Flanieren. Eine Gruppe Älterer – meist – Herrschaften, die auf einem in Stein gemetzelten Schachbrett vermeintlich grauen Zellen Vorschub leisten. Kinder, die ihre ersten Versuche auf dem Fahrrad starten oder sich in Ballspielen austoben, Angestellte, die auf einem der attraktiven Sitzmöglichkeiten ihre Mittagspause in der Sonne genießen.
Diese Straßen, die man in so manchen Stadtteilen Barcelonas findet, waren vor wenigen Jahren noch vorrangig dem individuellen Autoverkehr gewidmet. Nun haben sie sich zu multifunktionalen Freiräumen verwandelt, welche Platz für soziale Begegnung und Aufenthalt bieten. Statt dem Auto sind hier Stadtbewohner*innen die Protagonisten in der Nutzung des öffentlichen (Straßen-)Raumes.
Die Verwandlung der Nutzung des Straßenraumes ist dem Konzept der sogenannten „Superblöcke“ (supermanzanas) zu verdanken: eine Strategie der Stadt, um öffentlichen Freiraum auszudehnen, welcher der dichten Stadt und seinen Bewohner*innen mehr Luft verschaffen soll. Hier gibt es ein kurzes Video.
Luft bzw. die starke Luftverschmutzung Barcelonas war und ist ein ausschlaggebender Grund der Stadt, Maßnahmen zu ergreifen, welche den Autoverkehr reduzieren und eine Raumverteilung zu Gunsten von Fußgänger*innen provozieren sollen. Dazu wurden in ausgewählten Stadtteilen sogenannte „Superblöcke“ etabliert: Zonen, die mehrere Straßenblöcke umfassen und im Inneren verkehrsberuhigt und fußgängerfreundlich gestaltet sind. Durchzugsverkehr ist nur am Rand eines Superblocks möglich. Die innerhalb eines Superblocks verlaufenden Straßen können nur in Ausnahmefällen (Anrainer*innen, Liefer- und Einsatzfahrzeuge) und mit reduzierter Geschwindigkeit befahren werden. Durch diese Reduzierung des fahrenden und ruhenden Autoverkehrs haben Straßen und Kreuzungsbereiche einen neuen Charakter erhalten: sie haben sich zu Orten für (konsumfreien) Aufenthalt und soziales Aufeinandertreffen verwandelt.
Wenn ich durch solche Straßen in Barcelona spaziere, wird mir bewusst, was auf einer Straße eigentlich alles möglich ist. Sie ist das verbindende Element in einer Nachbarschaft, das verlängerte Wohnzimmer über die eigenen vier Wände hinaus. Um dieses Potential einer Straße zu aktivieren, ist es jedoch notwendig, die Straße nicht vorrangig als Verkehrselement, sondern vielmehr als öffentlichen Freiraum mit einem breiten Spektrum an Nutzungen zu begreifen.