Wie war ich erstaunt bei meinem Aufenthalt in Frankfurt, dass ich bei meinen Streiftouren durch die Stadt erst nach Tagen die erste Hupe eines Autos im öffentlichen Raum wahrgenommen habe! Im Gegenteil zu Wien wird gebremst und nicht gehupt. Der einzige ungewöhnliche Lärm, den ich täglich gehört habe in den Straßen, war das Martinshorn der Krankenwägen. Und darauf reagieren die Verkehrsteilnehmer*innen vorbildhaft, rechts ranfahren, Rettungsgasse bilden beim ersten Ertönen des Horns.

Gleich in den ersten Tagen gewann ich den Eindruck, Frankfurt ist eine Stadt für Fußgänger*innen und Fahrradfahrer*innen. Das Straßenbild wird geprägt von zahlreichen Personen auf Fahrrädern unterschiedlicher Modelle und Preisklassen. Viele sind mit Anzug und Krawatte oder Kostüm unterwegs. Andere kurven mit dem Lastenrad durch die Gegend. Sie transportieren den Wocheneinkauf oder ihre Kinder damit.

Morgens zwischen 7 Uhr 30 und 9 Uhr radeln Väter wie Mütter mit Kleinkindern am Kindersitz durch die Stadt und bringen ihre Kleinen in den Kindergarten oder die Grundschule. Begünstigt wird das Fahrradfahren durch die hohe Anzahl an Fahrradwegen entlang von Gehsteigen oder Straßen.

Das Zusammenleben von Fahrradfahrer*innen und Fußgänger*innen läuft in hohem Maß freundlich, rücksichtsvoll und friktionsfrei ab. Dies ist umso erstaunlicher, da viele Fahrradstreifen direkt entlang der Gehwege führen. Ja, es gibt auch in Frankfurt Fahrradfahrer*innen, die am Gehsteig fahren, doch stets rücksichtsvoll und in angemessenem Tempo. Nähert sich eine Fußgänger*in wird abgebremst oder stehengeblieben, wenn nicht ausreichend Platz vorhanden ist. Rasende Fahrradfahrer*innen, die den Fahrradweg als Rennstrecke benützen, habe ich während meines wochenlangen Aufenthalts keine gesehen.

Es gibt nicht nur an Bahnhöfen ausreichend Abstellmöglichkeiten für Fahrräder. Auch an besonders frequentierten Stellen, z.B. am Beginn von Fußgängerzonen, sind diese zu finden. Darüber hinaus gibt es auch versperrbare Fahrradgaragen im öffentlichen Raum. 

Auch die Autofahrer*innen verhalten sich gegenüber Fußgänger*innen und Fahrradfahrer*innen in der Regel höflich und rücksichtsvoll. Weder Anhupen noch abwertende Handzeichen sind mir aufgefallen, von keiner Gruppe. Scooter gibt es, aber viel weniger als in Wien. Und Scooter haben Nummerntafeln! Somit ist das Ausfindigmachen von Scooterfahrer*innen, die sich nicht ordnungsgemäß verhalten, leicht. Das dürfte auch dafür sorgen, dass Scooter in der Regel weder für Fußgänger*innen noch Fahrradfahrer*innen verkehrsbehindernd abgestellt werden.

Die Verkehrsampeln für Fahrradfahrer*innen und Fußgänger*innen haben eine Signalanlage, die von jedermann, egal, ob blind oder nicht, betätigt wird. Ich habe den Eindruck, das Betätigen verkürzt tatsächlich die Rotphase. Die Grünphasen der Ampeln sind ausreichend lang eingestellt, auch an stark befahrenen Straßen. Die Gehsteige sind bei den Kreuzungen abgeschrägt bis auf das Straßenniveau. Das ist eine große Erleichterung für gehbehinderte Personen sowie für Personen, die einen Kinderwagen schieben oder für jene, die mit Rollator oder Rollstuhl unterwegs sind.

Bei allen Kreuzungen an größeren oder verkehrsintensiven Straßen sind am Gehweg Leitsysteme, Orientierungsstreifen für Blinde angebracht. Auch viele Busstationen verfügen über diese Orientierungshilfen. Zu Fuß gehen macht Spaß in Frankfurt. Wenn man nicht gerade von einem Stadtende zum anderen Stadtende will, so sind die Distanzen in der Stadt gut zu fuß machbar. Wenn es weiter ist, dann sind das Fahrrad oder die öffentlichen Verkehrsmittel eine Option.